“Pink ist the new Black, Batman!” Das 1969er Panthermobile

"Ich weiß nicht, wer mich fährt, noch Straßenlage – doch ich komm' wieder, keine Frage." Quelle: BidSpotter

Die Geschichte des “rosaroten Panthers” ist eine Geschichte voller Missverständnisse. Ursprünglich nur einer der typischen 1960er Vorspänne (“Opening title sequence”), entspann sich daraus ein monströses Franchise [1], das sich von den Realfilm-Kriminalklamotten praktisch komplett gelöst hat. The Panther of all Spin-offs.

Der namensgebende Pink Panther ist in den Filmen nur ein fiktionaler superwertvoller Diamant, der als MacGuffin auch gar nicht immer in den insgesamt elf Filmen auftaucht. Zusammen mit Henry Mancinis genialem musikalischem Intro-Samtpföter wurde die Zeichentricksequenz [2] so erfolgreich, dass das beauftragte Cartoon-Studio DePatie-Freleng Enterprises den Zuschlag für eine eigene Cartoon-Show erhielt, die in den 1970ern auch im ZDF-Vorabendprogramm lief. Mit “Paulchen Panther” und “Inspektor Closeau” als Hosts für diverse neue und recyclte Zeichentrickformate. [3]

Im Raelfilmvorspann der ersten Staffel 1969/70 taucht das Panthermobile auf, das nicht nur für den Dreh, sondern zu Promotion-Zwecken als Showcar genutzt worden ist und selbst als Spielzeugartikel zu erwerben war [4]. Das originale Showcar ist bis zum 14. Oktober 2011 bei Robson Kay & Co via BidSpotter [5] zu ersteigern.

Die Credits für das ursprüngliche Design werden bei Wikipedia Bob Reisner zugesprochen, der damit die dfuturistischen 1970er SF-Italo-Gleiter-Silhouetten à la Maserati Boomerang, Lamborghini Countach [6] oder Lancia Stratos im Concept Car-Bereich vorweg genommen hätte. Interessant ist die Anlehnung an das Fighter-Motiv in Verbindung zum Limousinen-Service: Der im Wind sitzende Pilot benötigt definitiv einen Helm, was sehr cool aussieht, aber gleichzeitig ist er bloß Chauffeur für zwei Cartoon-Figuren.

Bei BidSpotter werden die Credits an Jay Ohrberg von California Show Cars Company vergeben. Das muss keine Widerspruch beinhalten, da das Design für die Cartoon Show das eine, der Custom-Bau mit allen Extras etwas anderes ist:

“Designed by Hollywood’s master vehicle designer Jay Ohrberg, best known for having produced the world’s most coveted movie and television vehicles including, Knight Rider K.I.T.T., Back To The Future DeLorean, 1966 Batman Batmobile, 1989 Batman Batmobile, Dukes of Hazzard General Lee, Starsky & Hutch Ford Gran Torino and even the Flintstones cars, the Pink Panther car is a seminal work by this master Hollywood artisan.” [5]

Keine schlechte Gesellschaft, in der sich das Panthermobile da tummelt. Ohrberg ist unter “Jay Ohrberg’s Hollywood Cars” nach wie vor aktiv. [7]

Das Panthermobile ist hier im Vorspann der Pink Panther Show zu bewundern – im Gegensatz zur deutschen Show leider ohne das Henry-Mancini-Stück zur Untermalung (wahrscheinlich zu cool fürs junge Sonntagsmorgenpublikum):

[1] WP: The Pink Panther
[2] YouTube: Hier noch mal das 1963er Intro von Blake Edwards The Pink Panther
[3] WP: The Pink Panther Show
[4] Show Rods: The 1/25-scale Panthermobile kit]
[5] Bid Spotter: Robson Kay & Co Auction
[6] PHUTURAMA: “Wunschwirklichkeitsmaschinen in Ingolstadt”
[7] Jay Ohrberg’s HOLLYWOOD CARS

“Wunschwirklichkeitsmaschinen in Ingolstadt” – Lamborghinis wahrer Star aber failt

Vor 40 Jahren: Der Urkeil. Marcello Gandinis unübertroffenes Meisterstück Countach LP500 in Ingolstadt. Nicht. (Quelle: Internet)

Übermorgen, Freitag den 29. Juli 2011 schließt im Audi-eigenen museum mobile in Ingolststadt eine interessante Sonderausstellung von elf Lamborghini-Designstudien und Prototypen aus knapp 40 Jahren Firmengeschichte. [1] Ich habe es leider nicht geschafft, da vorbei zu fahren, aber ein Bericht bei Classic Driver gibt einen guten Eindruck von “Wunschwirklichkeitsmaschinen”.[2]

Lamborghini, seit Ende der 1990er Jahre in Audi-Besitz, ist der “Incredible Hulk” unter den Exotenmarken. Geboren aus narzisstischer Kränkung des Traktorenfabrikanten Ferruccio Lamborghini über die Ignoranz Enzo Ferraris und dessen schlechten Kundendienst, ist Lamborghini eine einzige automobile Trotzreaktion wider die Vernunft. Ist das Cavallino Rampante das Markenzeichen des großen Konkurrenten aus Maranello, so musste es in Sant’Agata Bolognese schon ein Raging Bull sein, der den Hengst wutschnaubend auf die Hörner nimmt.

In Blech geformter Machismo, der bis weit in die Gegenwart eine gefühlt gänzlich halbseidene Kundschaft anzieht (schönes Beispiel damals ausss Berlin: Kevin “Prince” Boateng), aber vergessen läßt, dass dieser Machismo offenkundig selbst in höchstrationalisierten Audi-dominierten QMS-Produktionszeiten noch mit einer gehörigen Portion Masochismus auf Kundenseite einherzugehen hat. [3] Lamborghini Automobile S.p.A  selbst verkauft diese rüde Attitüde als “Italianitá”.

Aber Lamborghinis extremistischer Angriff auf den damaligen Sportwagen-Hochadel, nämlich Ferrari und Maserati, war nicht nur geprägt durch die Übernahme von im Rennsport schon üblichen Konstruktionsmerkmalen wie der V-12-Eigenentwicklung (durch den von Ferrari abgefallenen Giotto Bizzarini) oder die bis dato für straßenzugelassene Fahrzeuge ungewöhnliche Mittelmotorbauweise für den Miura [4], sondern spätestens mit diesem ersten Meisterstück von 1966 des bei Bertone arbeitenden jungen Marcello Gandinis auch für besonders radikale Designlösungen.

Verkörperte das Design des Miura die straßenzulassungstaugliche Verfeinerung der Mitte der 1960er-Jahre sich im Gran Turismo- wie im Prototypen-Rennsport etablierenden Konstruktionsprinzipien (z. B. der mehrfachen Le Mans-Siegerwagen vom Typ Ford GT40), so brach Gandini 1971 – nur fünf Jahre nach Premiere des bis dato konzeptionell konkurrenzlosen Miura – mit dem ersten oben abgebildeten Prototypen des Countach [5] alle, und nicht nur Lamborghinis bisherige Stierkampf-Namenskonventionen.

In der Geschichte des Automobildesigns ist dieser 1971er-Prototyp Countach LP500 wohl der “Urkeil” schlechthin, was ein wenig darüber hinweg täuscht, dass die Seitenlinie (auf dem Foto gut zu sehen) durchaus noch den sinnlichen Schwung der 1960er Jahre erahnen läßt. Unübertroffen allein deshalb, weil dieser Entwurf mit dem radikalen längsverbauten Mittelmotorchassis (zur erhöhen Stabilität um die Hochachse) und den ikonenhaften Schwenkflügeltüren Ausgangspunkt für eine ab 1974 gebaute straßenzugelassene Kleinserie wurde, die bis 1990 Bestand hatte und die gesamte Designsprache der Marke für die Ewigkeit determiniert hat. Ein zarter Versuch, noch einmal mit einem als Retrodesign erachteten Miura Concept des heutigen VW-Chefdesigners Walter de’Silva an die Vor-Countach-Ära anzuknüpfen, wurde konsequenterweise schnell wieder fallengelassen. [6]

Es gab radikalere und wildere Keile in den 1970er Jahren – von Marcello Gandini selbst, aber auch von Pininfarina und Giorgetto Giugaro (der den domestizierten Kantenstil mit Scirocco und Golf I in die norddeutsche Tiefebene exportierte). Aber dies waren alles reine Concept Cars und Designstudien ohne irgendeine realistische Serienoption: Alfa Romeo Carabo, Pininfarina Modulo, Maserati Boomerang, Lancia Stratos. Sie alle arbeiten sich am Vorbild Countach ab, ohne das Vorbild von vor vierzig Jahren weder einzuholen noch überbieten zu können – die Definition des Klassikers also schlechthin.

Der Längsschnitt verdeutlicht die radikalen Proportionen des Countach LP500, Quelle: countach.ch

Erste Fahrerprobungen mit dem 1971er-Prototypen machten aufgrund thermischer Probleme, aber auch veränderter Zulassungsvorschriften, insbesondere in den USA, umfängliche Veränderungen am Ur-Design notwendig. Die reine klare Linie des ersten Prototyps musste aufgeben werden zugunsten eines immer zerklüfteteren, immer monströseren futuristischeren Kampfgleiter-artigen Erscheinungsbilds, das den schmalen perfekten Grat des ersten Entwurfs zwischen Tradition und Purismus vollkommen “borgifiziert” hat.

Der Faszination der späteren Serienmodelle als feuchten Postertraum an den Wänden der Bräunungsstudien dieser Welt war dieses Brutalo-Design eines Dings wie aus einer anderen Welt nicht gerade abträglich.

Zurück zur Sonderausstellung “Wunschwirklichkeitsmaschinen” in Ingolstadt, die sich mit dem Touring-Einzelstück Flying Star II [7] zu Recht schmückt, aber den wahren Stammhalter der Lamborghini-DNA, den LP500, durch eine ein meinen Augen lächerliche “Replika” glauben Ersetzen zu müssen. Auf den bei Classic Driver ersichtlichen Fotos steht dort in Reihe mit dem Vorgänger Miura ein ebenfalls knallgelber Countach der ersten Serie (ersichtlich an dem Dacheinschnitt zum funktionslosen Periscopo-Minifenster, das beim LP500 darüberhinaus auch durch eine Dacherhöhung gekennzeichnet ist – auf dem Foto oben gut zu erkennen), dem man die seitlichen Lamellen des Prototypen anstelle der Serien-Kühlerkästen angetackert hat.[2]

Da machen es sich die Sonderausstellungsmacher aber einfach. Die Unterschiede zwischen dem 1971er LP500 und dem späterem Serienmodell LP400 (Longitudinale postiore, 4-Liter-V12) sind viel tiefergehender, als dass man sie mit ein wenig Rückbau kaschieren könnte: Der supercleane LP500-Urtyp besaß keine Kühlluftaustritte auf den – ja, was eigentlich? – hinteren Kotflügeln, Seiten- bzw. Dachflächen. Keine seitlichen NACA-Luftansaugstutzen mit integrierten Türöffnern. Die Fenstereinfassung des Prototypen geht in die von den in Wagenfarbe gehaltenen Lamellen maskierten Ansaugöffnung über, die Serie macht hier einen klaren Schnitt. Das Frontend von LP500 baut länger, die rudimentäre aluminiumfarbene Maquette eines Kühlergrills ist viel schmaler und muss keine Zusatzleuchten und Bremsbelüftungsführungen beherbergen. Selbst des LP500-Heck hat kleine, aber konstruktiv bedingt relevante Unterschiede zwischen Prototyp und Serie aufzuweisen. [8]

Allerdings, der hier als “Concorde Moment”(Top Gear’s Jeremy Clarkson) [9] gepriesene Prototyp von 1971 konnte in der Ingolstädter Sonderausstellung gar nicht präsentiert werden. Denn das gute Stück wurde als Entwicklungssträger in den Fahrerprobungen sukzessive mit den Borg-Aufbauten modifiziert und später für einen zulassungsbedingt unvermeidlichen Crashtest zerstört! Trotzdem: Im Werk steht der überlebende zweite, erst orangerote, später grün lackierte 1973er Countach-Prototyp [10], der der heutigen Mutter im Museum Mobile sicherlich gerne einmal zur Verfügung gestellt worden wäre.

Note to Audi bzw. Lamborghini Automobile S.p.A.: Baut eine echte Werksreplica des 1971er-Prototyps als fahrbereiten Ur-Meter des modernen Automobildesigns. Dafür würde ich auch nach Ingolstadt fahren!

[1] “Wunschwirklichkeitsmaschinen — Lamborghini-Designstudien im museum mobile” — Offizielle audi.de-Website mit lustlosem Text und ebensolchem Aufmacherbild
[2] Schöner Beitrag hingegen bei Classic Driver mit einigen guten Fotos von der Ausstellung
[3] YouTube-Video mit dem von einem unzufriedenen Kunden angestifteten öffentlichen Zerstörung seines Gallardo
[4] PHUTURAMA: Le Mans Concept – Lamborghinis wilder Colani-Mutant
[5] WP_it-Diskussionsseite zur Namensdebatte um “Countach” als angeblich obszönen Kraftausdruck im piemontesichen Dialekt
[6] WP: Miura Concept (2006)
[7] WP: Tourings Flying Star II
[8| J-Model Works: Ein Modellbau-Enthusiast hat das LP500-Replica-Projekt im Maßstab 1:24 schon gewagt
[9 YouTube-Video der Top Gear-Challenge, in der Jeremy Clarkson nach meiner Erinnerung den Begriff “Concorde Moment” fallen ließ (Ist aber auch so eine Empfehlung!)
[10] Viel Wissenswertes inklusive Bildmaterial bietet die Website des Countach QV #GLA12997-Eigners Patrick Mimran

Le Mans Concept – Lamborghini Miuras wilder Colani-Mutant

1970 überbietet Luigi Colani Marcello Gandini mit dem Miura Le Mans Concept; Quelle: dreamcast18, Lamborghini-Talk.com

Luigi Colani [1] hat im Jahre 1970 einen Lamborghini Miura auseinander gesäbelt und einen ganz speziellen futuristischen “Hybrid-Gleiter” entwickelt, der als Meilenstein des futuristischen Design gilt. In letzter Zeit häufen sich die Nachrichten [2] über ein Wiederauftauchen des wohl für längere Jahre als verschollen gegoltenen Studie “Le Mans Concept” – bei ebay.

Colanis futuristische Überbietung des klassischen Lamborghini Miura [3], der vor 45 Jahren Premiere beim Turiner Automobilsalon feierte, gibt die Gelegenheit auf diesen bahnbrechenden Organspender von Marcello Gandini [4] (für Bertone) hinzuweisen, dessen späterer Countach-Prototyp ein wenig die Sicht auf den Vorgänger verstellt hat. Nicht bei den Kennern, denn die Angebote für Miuras bewegen sich in der Regel in doppelt so hohen Preisregionen wie die für den Countach, bei eigentlich vergleichbarer gebauter Stückzahl.

Der Miura ist aber auch so etwas wie die Epitome des 1960-Supersportwagens und in der Gegenwart nur mit dem Ferrari Enzo Ferrari vergleichbar, da er erstmalig echte Rennsporttechnik (Mittelmotorkonzept) für einen reinen Straßensportler zur Verfügung gestellt hat. Darüberhinaus hat der Miura ein wunderschönes Interior, das Lamborghini im Zuge des damals angesagten “Insourcings” beim Nachfolger nicht mehr erreichen sollte.

Mir gefällt allerdings die Frontpartie des Miura nicht so recht – etwas tumb-karpfig kommt sie mir daher. Vielleicht ging es Colani auch so, als er sich entschloss die Frontpartie für das Le Mans Concept einfach zu kupieren?

[1] Luigi Colani– die offizielle Website
[2] “Senior Member” dreamcast18 fasst es auf Lamborghini-Talk.com zusammen
[3] Guter Artikel über 45 Jahre Miura beim AutoScout24-Magazin
[4] WP: Marcello Gandini

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